Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist Hermann Haller einer der wichtigsten und berühmtesten Schweizer Plastiker. Er arbeitet nahezu ausschliesslich mit dem Thema der menschlichen Gestalt, vorzugsweise der jungen, dynamischen und starken weiblichen Figur. Schaut man heute auf Hallers Vorliebe für die Abbildung des Frauenkörpers, gehen die Meinungen auseinander. Mag seine obsessive Beschäftigung mit dem Sujet auf der inhaltlichen Ebene aktueller denn je sein, bleibt sein Werk formal in der Tradition verankert, die in der harmonischen Nachahmung der Natur die wesentliche Funktion der Kunst erkennt.
Die Ausstellung „Wenn du geredet hättest“ bindet Hallers Werk in einen breitgefächerten aktuellen Kontext ein und hinterfragt das vom Künstler angestrebte heitere Menschenbild. Hallers ästhetisierender Haltung werden gegenwärtige Positionen gegenübergestellt, die aus heutigen Perspektiven Befindlichkeiten des Menschen und deren Darstellbarkeit thematisieren.
Die Arbeitspraxis von Lisa Biedlingmaier ist von einer tiefen Auseinandersetzung mit alternativen
Heilpraktiken geprägt, die dem Umgang mit Energieknoten oder Energieblockaden im Körper besondere Aufmerksamkeit schenkt und in deren Lösen einen entscheidenden Faktor für eine ganzheitliche
Heilung sieht. In ihrem Sinne sind Knoten Symbole körperlicher Ausgeglichenheit und zugleich Anfäl-
ligkeit. Biedlingmaiers Skulpturen, inspiriert durch die orientalische Knotentechnik Makramee, themati-
sieren die komplexe und oft prekäre Balance zwischen Körper und Geist, Gesundheit und Krankheit
und wirken in ihrer Erscheinungsform gleichzeitig imposant und fragil. Während die Dimensionen der
metallischen, tragenden Strukturen an die körperliche Grösse von erwachsenen Individuen erinnern,
versinnbildlicht deren «inneres Leben» psychologische oder emotionale Zustände, die bei den Be-
trachtenden wachgerufen und als solche von ihnen wahrgenommen werden. Die Materialität der Ar-
beiten ruft Assoziationen zur erotischen Praktik der Bondage wach und lässt gerade auf der unmittel-
baren Wahrnehmungsebene eine Verbindung zum Werk Hallers vermuten