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WERKSCHAU 2020

group exhibition Werkschau
at Haus Konstruktiv, Zurich

And So It Is
2020


Ein Ensemble unregelmäßiger Knoten bestimmt den Charakter eines jeden Objekts. Dadurch weist jedes Werk ein ganz und gar individuelles Muster auf. [...] Die Knoten symbolisieren Leid und Heil zugleich. Sie können Energie bündeln, aber ebenso freisetzen. Als Metapher steht der Knoten für vieles. Seit der Antike stets eng mit der Geschichte der Menschheit verbunden, findet er praktische Anwendung zu Wasser und zu Lande, aber auch in Zauberei, Mathematik, Religion, Medizin und Kunst.
Die von der Künstlerin verwendete Methode nennt sich Makramee. Bei dieser alten Technik wird der Faden [...] ausschliesslich geknüpft. Das Wort leitet sich vom arabischen Begriff migramah aus dem 13. Jahrhundert ab, der „Behang“ bedeutet. Makramee dient vornehmlich dekorativen Zwecken, doch die Künstlerin überführt diese uralte Technik in den Kontext der zeitgenössischen Kunst und konzeptualisiert sie auf ihre eigene Art.
Im Sanskrit bedeutet granthi „Knoten“ oder „Zweifel“ und bezeichnet auch einen besonders schwer zu lösenden Knoten. David Life zufolge „besagt ein uralter indischer Glaube, dass granthi die Seele fesseln; sie binden uns an unsere falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit und des Selbst.“ Ferner schreibt er: „Sie lassen uns an unseren Neigungen festhalten und in der Angst vor dem Tod erstarren. Wissen ist eines der wichtigsten Elemente, um die Angst zu überwinden, und im Zusammenhang mit Taten verleiht es unseren spirituellen Sehnsüchten Flügel – das Erwachen von Kundalini.“ In diesem Sinne lassen Lisa Biedlingmaiers Werke den Ausstellungsraum auch zu einem spirituellen Raum werden.

Didem Yazici

(aus Ancient Earth Practices and Contemporary Urgencies, aus der Publikation Anti-MEs, Lisa Biedlingmaier
erschienen in den Verlagen tria publishing platform, Zurich–Beijing und CEAAC, Strasbourg, 2020)

Photos: Peter Baracchi