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LINIENTANZ

Kunst(Zeug)Haus, Rapperswill

Gruppenausstellung mit





kuratiert von Simone Kobler und Céline Gaillard

https://www.kunstzeughaus.ch/


12.02.21 – 10.04.21




Open Relationship, 2023

Seile, Ballettstangen, Ständer

Biedlingmaiers geknüpfte Arbeit Ancestral Lines im Osten der Ausstellung findet in der Robinson-Bibliothek des Kunst(Zeug)Haus eine Fortsetzung auf erweiterter, kollektiver Ebene. Die üblicherweise kleinformatige und zumeist weiblich konnotierte Handwerkskunst des Makramee-Knüpfens ruft mit den dicken Seilen und Haken (zumeist männlich konnotierte) Bilder aus der Seefahrt hervor. Die verwendeten Ballettstangen werden zu Schiffsmasten. Mit dem Bezug zur Nautik entsteht eine Verbindung zum Roman «Robinson Crusoe» von Daniel Defoe, von dem sich in der Robinson-Bibliothek des Kunst(Zeug)Haus rund 2000 Variationen in Buchform befinden. Rassismus, Kolonialismus und patriarchale Strukturen sind im Buch stark präsent. Die Knoten von Biedlingmaier stehen denn auch für transgenerationale Schemata und Traumata, die wir alle (unbewusst) in uns tragen und welche auf aktuelle Konflikte und Empfindungen einwirken können.  Die Ballettstangen erweitern als Sinnbild für unsere physische Haltung die Installation um das Element der Bewegung. Sie thematisieren Verändern und Auflösen kollektiver Traumata, neue Haltungen können hier einstudiert werden. Von der physischen Ebene führen die Seile in die Welt der Gedanken und Emotionen. Unterschiedliche Farben und Knüpftechniken verweisen auf Erlebnisse und Prägungen. Einzelne kurze Seilstücke können als Schriften gelesen werden, andere als Knochen und Rückgrat (lieber: Trophäen und Machtdemonstration). So verdichtet sich die Arbeit in der Bibliothek zu einer mehrere Jahrhunderte umspannenden Installation der Möglichkeiten, über Geschichten und deren kollektiver Verknotungen zu sprechen und diese aufzuarbeiten.


Ancestral Lines, 2023
Filz, Kordel, Porzellan, Haken, Kette

Mit der orientalischen Knüpftechnik des Makramee erschafft Lisa Biedlingmaier vielschichtige Gedankenwelten. Der Titel Ancestral Lines (Ahnenlinien) eröffnet Assoziationen im Bereich der persönlichen Biografie, wobei jeder Knoten für ein Erlebnis steht. Die Knoten können zugleich Festigkeit und Halt geben, aber auch Sinnbilder sein für nicht aufgelöste Verbindungen und Blockaden. Während die senkrechten Filzstränge an Nabelschnüre erinnern, verändern die zwei Farben der quer verwebten Seile ihre Formgebung – auch mit den verknoteten Gegenständen wie Porzellan oder Ketten. Die Knoten lassen sich an der Schnittstelle von Bewusstsein und Unbewusstem einordnen und verweisen auf (familiäre) Prägungen, die über mehrere Generationen hinweg bestehen bleiben. Biedlingmaier überführt die uralte Technik des Knotens in den Kontext der zeitgenössischen Kunst und eröffnet vielfältige Reflexionsräume.